Jahrestagung 2012:
„Anders leben – wie geht das?“
Aus vielen Teilen der Evangelischen Kirche von Westfalen und des Bistums Münster kamen Eine-Welt-Engagierte zur Jahrestagung Entwicklungspolitik vom 13. – 15. Januar in die Evangelische Akademie Villigst. Unter der Frage „Anders leben – wie geht das?“ ging es um die anzustrebende Einheit von Lebensstil und politischem Engagement.
Gestärkt mit neuer Hoffnung fuhren die Teilnehmer und Teilnehmerinnen am Ende zurück in ihre Eine-Welt-Gruppen.
Die Aktiven aus den örtlichen Eine-Welt-Gruppen verfügen selbst allesamt über vielfältige Erfahrungen im Ausprobieren einer einfachen und zugleich solidarischen Lebensweise. In der Tagung konnten sie sich darüber austauschen. Darüber hinaus wurden sie durch Workshops und durch außergewöhnliche Vorträge neu stimuliert.
Prof. Dr. Fulbert Steffensky war einer der beiden inspirierenden Redner. Er bot dem faszinierten Publikum Erträge seines langen wissenschaftlichen Wirkens, oftmals als Lebensweisheiten in kostbaren Aphorismen. Ausgehend vom Bund Gottes mit den Menschen, symbolisiert im Regenbogen, beschrieb Steffensky diese beiden Bündnispartner. Man dürfe Gott durchaus an seinen Bund erinnern, denn angesichts von Naturkatastrophen wie Tsunami und Erdbeben auf Haiti müsse man zugeben: „Gott macht einem das Glauben nicht leicht.“ Und: „An Gott glauben, heißt auch, an Gott leiden.“ Der Mensch hingegen habe auch oftmals den Bund vergessen. Daher hätten gerade auch die Eine-Welt-Aktiven eine wichtige prophetische Stimme: „Ich setze auf Sie, die anders leben wollen.“ Steffensky ermunterte die Anwesenden das innerhalb und nicht außerhalb der Kirchen zu tun: „Eine-Welt-Gruppen Gruppen sind Läuse im Pelz. Sie müssen innerhalb der Institution bleiben, sonst kratzt sich die Institution nicht.“ Und er machte ihnen Mut, das Handeln nicht am Erfolg zu messen: „Man muss sich nicht um die Gewissheit des guten Ausgangs kümmern.“ Somit charakterisierte er die Gruppen als „Hoffnungsverleihanstalten“. Offenbar erreichten die Gedanken des Theologen und Pädagogen die Herzen der nach neuer Hoffnung suchenden Aktiven vor Ort: „Ich fühle mich rundum bereichert“, so brachte es eine Teilnehmerin auf den Punkt.
Die andere Vortragende war Freddy Dutz, Pressesprecherin des Evangelischen Missionswerkes mit Sitz in Hamburg. In ihrem Beitrag „Der Teufel steckt im Detail. Von der Schwierigkeit, die Welt retten zu wollen“ riskierte sie einen Spagat. Einerseits entlastete sie die oftmals im Ehrenamt auf- und untergehenden Aktiven („Nirgendwo steht geschrieben, dass die Welt durch den Menschen zu retten ist.“), andererseits mahnte sie, man dürfe die Welt nicht als Misthaufen hinterlassen. Den Dreiklang des Konziliaren Prozesses aufnehmend, betonte Dutz, es bleibe die Aufgabe, Gerechtigkeit herzustellen, Frieden zu schaffen und die Schöpfung zu bewahren. Dazu brauchten wir noch viel mehr Projekte, aber müssten dabei auch immer die Strukturdebatte führen. „Das Darübernachdenken kann gar nicht weit genug gehen, denn das Globale wird immer bedeutsamer“, ordnete die Referentin ein. Es waren nicht nur die Inhalte, die sie fundiert präsentierte. Sie wird vielen auch deshalb in Erinnerung bleiben, weil sie in einem unnachahmlichen Mix anschaulich, augenzwinkernd, unterhaltsam, doch zugleich gradlinig sprach. Und dadurch löste sie eine von ihr aufgestellte Forderung selbst ein: „Es kommt auf die richtigen Formulierungen an, damit andere den Durchblick gewinnen.“ Eine Teilnehmerin meinte dann auch anschließend: „Ich bin darin bestärkt worden, dass Information und Kommunikation wichtige Instrumentarien sind.“
Neben diesen beiden grundlegenden Vorträgen wurden unterschiedliche Aspekte einer solidarischen Lebensweise in sieben Arbeitsgruppen vorgestellt und diskutiert. „Die Untertanen“, gern gesehener Chor bei den Jahrestagungen, verzauberte wieder einmal das Publikum mit seinen Liedern aus aller Welt – Lieder der Liebe, des Zorns und eben auch der Hoffnung.
Als zum Tagungsabschluss Werner Siemens den Termin für 2013 bekannt gab, freuten sich schon etliche aufs Wiedersehen im nächsten Jahr. Eine Teilnehmerin wird vielen aus der Seele gesprochen haben: „Meine Hoffnung ist, dass ich durch die Kraft der Gemeinschaft, die ich hier erlebt habe, die Kraft zur Veränderung finde.“
Ulrich Jost-Blome
Vortragsmaterialien von der Jahrestagung 2012: